Brennstoffzellen-Lkw mit Flüssigwasserstoff: Daimler Truck testet Technologie - EFAHRER.com

2022-09-02 21:48:43 By : Mr. Leon yin

Daimler Truck setzt bei den schweren Nutzfahrzeugen auf flüssigen Wasserstoff. Die Tests mit einem solchen Wasserstoff-Brennstoffzellen-Truck laufen bereits. Bis 2028 soll die Technologie serienreif sein.

„Die Würfel sind gefallen.“ Kein geringerer als Julius Caesar soll diesen berühmten Ausspruch getätigt haben, als er mit seinen Truppen den Rubicon überquerte, was faktisch einen Bürgerkrieg bedeutete. Wie der ausging, weiß jeder Pennäler. Bei den Lkws mit Brennstoffzellenantrieb sind die Auswirkungen bei Weitem nicht so weitreichend. Aber geht es nach Daimler Trucks, ist die Entscheidung pro flüssigen Wasserstoff gefallen. Die Tests mit einem solchen Lkw laufen bereits.

Ein neuer Wasserstoff-Brennstoffzellen-Truck dreht bereits im Testzentrum in Wörth am Rhein seine Runden. Unablässig. „Die Haltbarkeit ist extrem wichtig“; erklärt Daimler-Truck-Entwicklungsingenieur Andreas Höfert. Während der Lebenszyklus eines Pkws rund 300.000 Kilometer und 8.000 Betriebsstunden dauert, sind es bei einem 40-Tonner 1,2 Millionen Kilometer und 25.000 Stunden. Im Führerhaus des GenH2-Truck erfährt man, wie leise, ruhig und unspektakulär sich die Brennstoffzellen-Zugmaschine bewegen lässt. Das ist ein großer Schritt. Schließlich hat der Truck erst 350 Kilometer auf der Uhr.

Bei einer komplexen Technologie wie dieser kommt es auf alle Details an. „Wir achten auf Kabel, Leitungen und natürlich die Brennstoffzelle“, sagt Andreas Höfert. Die steht im Zentrum der Testfahrten. Dass Wasserstoff als Energieträger und bei den Nutzfahrzeugen kommen wird, scheint zunehmend Konsens. Der erste Daimler Brennstoffzellen-Wasserstoff-Truck soll rund sechs Jahren serienreif sein. Da muss Antrieb fehlerfrei funktionieren. Der besteht aus zwei E-Achsen mit jeweils 230 kW / 313 PS Dauerleistung (330 kW / 449 PS maximal) sowie zwei Brennstoffzellen mit je 150 kW / 210 PS. Das maximale Drehmoment der beiden Elektro-Motoren beläuft sich auf 2.071 Newtonmetern pro E-Maschine. Mächtig. Denn bei den Brummis ist das Drehmoment fast noch wichtiger als die E-Power.

Da flüssiger Wasserstoff zusammen mit Sauerstoff zu reinem Wasser reagiert, besteht die Bipolarplatte der Brennstoffzelle aus Carbon-Verbundstoff. „Das ist robuster als zum Beispiel eine Metallplatte mit einer Iridiumoberfläche. Die würde durch das reine Wasser angegriffen“, verdeutlicht Dr. Florian Henkel von „cellcentric“, die dieses Bauteil beisteuern. „Die Entwicklung ist vorbei, wir müssen das Produkt bringen“, fordert der Techniker. Auch wenn das Tanken beim Wasserstoff deutlich schneller vonstattengeht, als das bei Batterien der Fall ist, ist in der Logistikbranche jede Sekunde, in der ein Truck steht, verlorene Zeit. Deswegen ist der GenH2 Truck mit zwei Edelstahltanks mit jeweils 40 Kilogramm Fassungsvermögen bestückt. Das reicht für 800 bis 1.200 Kilometer.

Falls der Lkw doch mal betankt werden muss, sind die Behälter in gut zwölf Minuten wieder gefüllt. Das Betanken ist nicht ganz trivial, denn da wird Wasserstoff mit einer Temperatur von minus 253 Grad in die beiden Tanks gefüllt. Die bestehen aus zwei Edelstahlhüllen und nicht aus Carbon, was die Kosten deutlich senkt. Der Aufbau der Behälter und die verbesserte Fertigungstechnik machen diese die Lagerung des ultratiefgekühlten Gases möglich. Ein Verdampfen des Wasserstoffs würde dem Projekt den Todesstoß versetzen. Die Tanks bestehen aus zwei Behältern und einem Vakuum dazwischen. Durch diesen Aufbau kann der Wasserstoff lange ohne Kühlung transportiert werden. Dass die beiden Behälter dicht sind, ist wichtig, denn nur so bleibt das Vakuum bestehen. „Es ist einfacher, etwas zu pumpen, als ein Gas zu komprimieren“, fasst Roland Dold, verantwortlich für die Fahrzeugentwicklung von Daimler Trucks einen Grund für diese Entscheidung in Worte. Die Tankstellen haben eine Förderleistung von 400 kg Wasserstoff pro Stunde damit während dieser Zeit fünf Fahrzeuge getankt werden können.

Auch wenn der Transport und die Handhabung des flüssigen Wasserstoffs alles andere als einfach ist, gibt es einige Gründe, die für den Einsatz in dieser Form sprechen. Ganz oben auf der Pro-Liste steht die Energiedichte. Wasserstoff mit 350 bar hat eine Energiedichte von 24 kg pro Kubikmeter, bei 700 bar sind es schon 40 kg/m3 und flüssig sogar 70 kg/m3. Zudem lässt sich flüssiger Wasserstoff auf verschiedene Arten transportieren. Der komplexe Aufbau der Brennstoffzelle reagiert fast schon sensibel auf „unreinen“ Wasserstoff, in dem sich Rückstände befinden, die durch den Transport mithilfe von Gas-Pipelines zustande kommen. Ähnliches gilt übrigens für die Lagerung in Carbontanks. „Übrigens setzt Airbus auf das gleiche Prinzip“, ergänzt Roland Dold.

Wobei auch klar ist, dass der flüssige Wasserstoff hauptsächlich für die schweren Jungs geeignet ist. Bei den leichteren Nutzfahrzeugen und Pkws werden die 350 und vor allem 700 bar-Varianten zum Einsatz kommen. Das klingt alles in sich schlüssig. Aber wie man es auch dreht und wendet, die Wasserstoff-Mobilität hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn der Wasserstoff „grün“ ist, also nachhaltig aus erneuerbaren Energien produziert wird. „Wir nutzen den Sonnengürtel der Erde, um Wasserstoff im großen Maßstab zu verflüssigen“, sagt Roland Dold. Auch wenn Deutschland in naher Zukunft nicht energieautark werden wird, muss man sich nicht nur auf die sonnenreichen Gegenden verlassen. Nahe der bayerischen Stadt Landshut baut die Hy2B Wasserstoff GmbH einen Fünf-Megawatt-Elektrolyseur, dessen Strom aus einer angrenzenden neuen Solar-Anlage stammt.

Ist Wasserstoff die richtige Energie-Speichertechnik für die Elektromobilität? EFAHRER.com erklärt die wichtigsten Infos rund um die Brennstoffzelle und wieso die Technologie keine Chance gegen Akkus hat.

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