Bei der Leitlinienrecherche vergessen

2022-06-24 22:03:19 By : Mr. BingHuang Chen

Mit Interesse haben wir die Fortschreibung dieser S3-Leitlinie zur Kenntnis genommen (1). Wir begrüßen die Aktualisierung der Grenzwerte zur Einleitung einer Sauerstoff (O2)-Therapie bei pulsoximetrischer Sauerstoffsättigung (SPO2) < 92 % beziehungsweise < 88 %. Zu unserem Bedauern ist nach wie vor keine Obergrenze der SPO2 in den Empfehlungen enthalten. Die 6/2021 veröffentlichte nationale S3-Leitlinie Sauerstofftherapie in der Akutmedizin (2), die evidenzbasiert zu O2-Therapie bei COVID-19 Stellung nimmt, ist bei der Leitlinienrecherche offensichtlich nicht berücksichtigt worden. Der fehlende Nutzen einer Hyperoxämie (das heißt SpO2 über 96 %) als Therapieziel unter Sauerstoff ist durch zahlreiche randomisierte kontrollierte Studien und Metaanalysen belegt. SPO2-Zielwerte über 96 % unter O2 sollen auch bei Patientinnen und Patienten mit COVID-19 vermieden werden. Es konnte gezeigt werden, dass bei Berücksichtigung einer SpO2-Obergrenze von 96 % Patienten in 37 % des Intensivaufenthalts Raumluft geatmet haben gegenüber 9 % ohne eine solche SPO2-Obergrenze (3). Wir halten diese Tatsache unter Umständen für relevant bei knappen Ressourcen in der Pandemie.

Bei Patienten mit respiratorischer Insuffizienz kann weiterhin durch Hyperoxämie unter O2-Therapie eine klinische Verschlechterung erst mit Verzögerung erkannt werden (4).

Wir empfehlen außerdem eine Ausweitung der SpO2 Untergrenze unter O2 von 88 % auf andere Patientengruppen mit Hyperkapnie-Risiko außer der Gruppe von Patientinnen und Patienten mit chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen.

Außerdem bleibt in der Grafik 1 und im Text für die Leserin und den Leser unklar, wie in der Behandlung verfahren werden soll, wenn zwar Hypoxämie (SpO2 < 92 % beziehungsweise 88 %) besteht aber keine Tachypnoe (Atemfrequenz über 30/min) beziehungsweise wie bei einer Tachypnoe ohne Hypoxämie.

Prof. Dr. med. Jens Gottlieb, Medizinische Hochschule Hannover , Klinik für Pneumologie, Hannover, BREATH/Standort des Deutschen Zentrums für Lungenforschung, Hannover, Gottlieb.Jens@mh-hannover.de

Prof. Dr. med. Heinrich Worth, Facharztforum Fürth

Prof. Dr. med. Thomas Volk, Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie, Universitätsklinikum des Saarlandes und Medizinische Fakultät der Universität des Saarlandes, Homburg

Prof. Dr. med. Thomas Fühner, Klinik für Pneumologie, Intensiv- und Schlafmedizin

Klinikum Siloah/KRH Klinikum Region Hannover

Prof. Gottlieb ist Koordinator der S3-Leitlinie „Sauerstoff in der Akuttherapie beim Erwachsenen“.

Prof. Worth ist Vorsitzender der Sektion Pneumologie in der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin.

Die übrigen Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.

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