Cessna-Absturz in der Ostsee: Fehler wurde zum Verhängnis - Blick

2022-09-23 22:06:47 By : Ms. Shelley Yin

Der Absturz des deutschen Privatflugzeugs in die Ostsee gibt Rätsel auf. Eigentlich sollte die Cessna 551 am Sonntag in Köln landen. Stattdessen flog die Maschine weiter und stürzte mit leerem Tank über der Ostsee ab. Dabei sind vermutlich alle vier Passagiere gestorben. An Bord der Maschine befanden sich der deutsche Unternehmer Peter G.* (†72) und seine Familie.

Grund für die Katastrophe soll ein Druckverlust in der Maschine gewesen sein. Bereits kurz nach Start meldete der Pilot Peter G. Probleme mit dem Druckausgleich. 50 Minuten später versuchte die spanische Flugsicherheit, den Piloten per Funk zu erreichen, doch sie bekam keine Antwort.

«Der Flugkapitän hat hier falsch reagiert», sagt Aviatik-Experte Sepp Moser (76) gegenüber Blick. «Wenn der Druck abfällt, muss man Flughöhe abbauen, dadurch in dichtere Luftschichten gelangen und möglichst rasch landen.»

Wenn sich Gase und Luft im Flugzeug ausdehnen, kann das unangenehme Folgen für Passagiere und Crew haben: Zum Beispiel Schmerzen am Mittelohr, Druck in den Nasennebenhöhlen – es kann gar zu Blutgerinnseln kommen. Für den Körper sind diese Symptome zwar unangenehm, aber auszuhalten.

Gefährlich ist aber vor allem Sauerstoffmangel. «Der Sauerstoffgehalt in der üblichen Reiseflughöhe 11'000 Metern beträgt nur noch ein Viertel von dem, was wir am Boden gewohnt sind.», erklärt Hanspeter Mettler (70), Präsident der Vereinigung Schweizer Aviatik-Journalisten. «Das ist sehr dramatisch, denn nach 30 Sekunden ist man nicht mehr handlungsfähig.» In dieser Zeit muss der Pilot dringend seine Sauerstoffmaske aufsetzen und zum Sinkflug ansetzen. «Sonst ist es vorbei!», warnt der Experte.

Auf dem Geisterflug der Cessna scheint das Horrorszenario wahr geworden zu sein. Alle vier Passagiere wurden ohnmächtig. Und das, obwohl die Cessna Citation II mit Schutzvorrichten ausgestattet ist, die einem Passagierflugzeug gleichen.

Grund für den Druckabfall können beschädigte Fensterscheiben oder Fehler im Drucksystem sein. Wenn etwas nicht stimmt, wird aber im Cockpit ein Alarm ausgelöst. Das sollte dem Piloten genug Zeit geben, um tiefer zu fliegen und notzulanden. Sinkt das Flugzeug, bekommen die Personen an Bord wieder genug Sauerstoff.

Moser schliesst auch eine andere Ursache für den Geisterflug nicht aus: «Vielleicht ist der Kapitän aus medizinischen Gründen handlungsunfähig geworden.» Denn Peter G. war medizinisch vorbelastet. Das Stresslevel muss in der Gefahrensituation extrem hoch gewesen sein.

Passagiere von Linienflugzeugen können beruhigt aufatmen. «Eine solche Situation kommt praktisch nie vor», versichert Mettler. «Aber selbst, wenn das mal passieren sollte, ist die Besatzung vielfach geschult, sofort auf etwa 3000 Meter Höhe abzusinken.» Denn: In einer Notsituation wird im Cockpit Alarm geschlagen. Das gibt den Piloten genug Zeit für eine Notlandung.

2015 führte ebenfalls ein Geisterflug zu einer Tragödie: Bei einem Flug von Helios Airways verloren zwei Piloten aufgrund eines Druckabfalls das Bewusstsein und stürzten mit 121 Personen in der Nähe von Athen ab. (jwg)