Elektrofischen in Randersacker: Wie Artenschutz zum Ferienerlebnis wird

2022-08-12 23:01:49 By : Ms. Penny Su

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Als würden sie von einer magischen Kraft angezogen, huschen kleine Fische aus ihren Verstecken und streben dem Kescher zu, den Stefan Hummel in den Umgehungsbach an der Staustufe Randersacker ins Wasser hält. Über 150 Kinder beobachten gebannt, wie sich die Silberlinge dem Fischwirt hilflos ergeben. Einmal im Jahr fischen die Mitarbeiter der Fischereifachberatung des Bezirks Unterfranken in dem rund 1,3 Kilometer langen Bach, der 2008 entlang der Staustufe geschaffen wurde, um die ökologischen Folgen von Schifffahrt und Energiegewinnung auszugleichen.

Zum ersten Mal nach zwei Jahren Corona-Pause macht die Fischerzunft Randersacker daraus wieder ein Ferienspektakel für die Kinder des Ortes mit einem anschließenden Spielparcours und Aquarien, in denen sich die Fische ganz in Ruhe betrachten lassen. Schon bei den Kleinsten will die Zunft so das Bewusstsein für den Main und seine Bewohner schärfen . "Wer am Main wohnt, soll auch wissen, welche Fische dort leben", sagt der Obermeister der Zunft, Hubert Holl. 

Die Kraft, mit der Stefan Hummel die Fische so scheinbar magisch anzieht, stammt aus dem Generator, den die Fischer im Boot mit sich führen. Er produziert Gleichstrom mit einer Spannung von 500 Volt, die Hummel mit seinem Kescher in den Bach einleitet. Wie er, stecken auch Fischwirtschaftmeister Matthias Scheffner und Werner Strobel von der Randersackerer Fischerzunft in brusthohen Wathosen und tragen dicke Gummihandschuhe. Für sie wäre es gefährlich, wenn sie mit bloßen Händen ins elektrisch geladene Wasser greifen würden.

Den Fischen versetzt der Strom nur für kurze Zeit einen lähmenden Schock, von dem sie sich schnell wieder erholen, wenn sie Stefan Hummel nach wenigen Augenblicken wieder in die Freiheit entlässt, sagt Gewässerbiologe Tobias Epple von der Fischereifachberatung. Die regelmäßige Probebefischung dient vor allem dem Zweck, die Wirkungsweise des Umgehungsbachs zu überprüfen.

Das naturnah gestaltete Gewässer soll die biologische Barriere durchbrechen, die die Staustufe für Fische und Kleinstlebewesen darstellt. Wanderfische wie die Barben oder die Aale sind auf solche Aufstiegshilfen angewiesen. Das Gerinne war als Modellfall errichtet worden, um den Main, der durch die Stauhaltungen eher zu einer Seenkette geworden ist, zumindest einen Teil seines natürlichen Fließverhaltens zurückzugeben.

Leider ist es bis heute der einzige Umgehungbach dieser Größe entlang des Flusses geblieben. Doch das ändert nichts am ökologischen Wert des Gerinnes, sagt Tobias Epple. Vor allem habe sich gezeigt, dass der Bach nicht nur als Aufstiegshilfe genutzt wird, sondern vielen Klein- und Jungfischen einen dauerhaften Lebensraum bietet. Der Wechsel von schnell fließenden und ruhigen Bereichen wird den Ansprüchen verschiedener Fischarten gerecht, die krautigen Ufer schützen vor Fressfeinden. Steinriegel, über die das Wasser fließt, sorgen für eine gute Belüftung.

Letztere ist gerade in diesen heißen Tagen bitter nötig, sagt Gewässerbiologe Epple. Je wärmer das Wasser wird, umso weniger Sauerstoff kann es binden. Bei der gegenwärtigen Temperatur von 24 Grad seien es nur sechs bis acht Milligramm pro Liter, in einem kalten Wasser wäre es mehr als doppelt so viel. Gleichzeitig werden abgestorbene Pflanzenreste bei den hohen Temperaturen schneller zersetzt. Dieser Vorgang entzieht dem Fluss zusätzlich Sauerstoff. Deshalb gilt inzwischen die Vorwarnstufe nach dem Alarmplan Ökologie Main. "Mit zwei bis drei Grad mehr wird es richtig kritisch", so Tobias Epple, "der Sauerstoffgehalt sinkt dann dramatisch." Ein Fischsterben wäre die Folge.

Auch das Baden im Main kann in diesen Tagen unangenehme Folgen für die Fische haben, sagt Epple. Sonnenöl treibt dann an den Badestränden als dünner Film auf der Wasseroberfläche und behindert den Sauerstoffaustausch zusätzlich. Wer den Fischen etwas Gutes tun will, sollte sich deshalb unmittelbar vor dem Schwimmen nicht eincremen, rät der Biologe.

In dem von Schatten spendendem Bewuchs begleiteten Umgehungsbach scheint die Welt noch in Ordnung. Allerdings haben die Kolonien aus Schilf und Rohrkolben inzwischen Ausmaße angenommen, die Obermeister Hubert Holl gar nicht glücklich stimmen. Das Wurzelgeflecht lagert Sedimente an und beschleunigt die Verlandung des Bachs, sagt er. Dadurch fließt immer weniger Wasser durch das künstliche Gewässer. Eine ausreichende Strömung sei aber Voraussetzung dafür, dass der Eingang des Gerinnes von Fischen überhaupt wahrgenommen werden kann.

"Der Umgehungsbach verlandet und verkrautet immer mehr; es muss dringend etwas getan werden, damit er funktionstüchtig bleibt", so Hubert Holl. In der Pflicht dafür stehe der Freistaat Bayern beziehungsweise das Wasserwirtschaftsamt Würzburg-Aschaffenburg. "Wir sind schon ein bisschen enttäuscht, das man sich dort nicht mehr um die Pflege des Umgehungsbachs kümmert", kritisiert der Fischer.

Mit der Ausbeute des Vormittags ist Gewässerbiologe Tobias Epple zufrieden. 15 verschiedene Fischerarten konnten nachgewiesen werden, darunter Döbel, Bräsen und junge Barsche. Aber auch Schwarzmundgrundeln, die aus dem Donauraum zugewandert sind und wegen ihrer Gefräßigkeit und ihrer Vorliebe für Fischlaich zur Bedrohung heimischer Arten geworden sind.

Besonders freut sich Epple über junge Barben und Nasen, die Stefan Hummel ins Netz gegangen sind. Als Folge der Kraftwerke und der Großschifffahrt sind die Wanderfische, die einst in großen Schwärmen den Main bevölkerten, selten geworden. Im Teichbetrieb, den der Bezirk Unterfranken in Maidbronn betreibt, werden die Arten deshalb seit Jahren gezielt nachgezüchtet und im Main ausgesetzt. Die Jungfische verraten Epple, dass sich Barben und Nasen inzwischen auch wieder natürlich vermehren können.

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