Superoxid-Böden auf Mars sollen für Sauerstoffgewinnung genutzt werden | Baublatt

2022-03-19 07:41:11 By : Ms. Michelle Zhu

Auf dem Mars gibt es gefährliche Superoxid-Böden, die chemische Verbrennungen verursachen können. Griechische Wissenschaftler forschen derzeit mit Unterstützung der ESA daran, wie sich diese aufspüren und für die Sauerstoffgewinnung nutzen lassen.

Quelle: NASA/JPL-Caltech/University of Arizona

Modell der Viking-Raumsonde der Nasa, die 1976 auf dem Mars landete, und Experimente für die Suche nach Leben auf dem Roten Planeten durchführte.

Die staubigen Oberflächen auf Mond und Mars bergen unsichtbare Gefahren für Astronauten. Dies in Form von Bereichen mit stark oxidierendem Material, die laut der European Space Agency (ESA) derart reaktionsfreudig sein können, dass sie auf ungeschützter Haut oder in der Lunge chemische Verbrennungen verursachen können. Ein griechisches Wissenschaftsteam forscht nun an einer Anlage und einem Gerät, mit dem sich diese Bereiche aufspüren und für die Gewinnung von Sauerstoff nutzen lassen.  

Inspiration für ihr Vorhaben erhielten die Forscher laut der ESA durch die Expedition der amerikanischen Viking-Lander, die 1976 auf dem Mars landete, und Experimente für die Suche nach Leben auf dem Roten Planeten durchführte. Ihre Ergebnisse seien auch heute noch umstritten, wie die ESA in einer Mitteilung schreibt. Denn beim Experiment «Labeled Release» wurde eine flüssige Mikronährstofflösung auf eine Marsbodenprobe aufgebracht, die daraufhin grosse Mengen an Sauerstoff freisetzte. 

Dieses Ergebnis wurde von einigen als Beweis für mikrobielles Leben auf dem Planeten angesehen. Jedoch lief diese Sauerstoffproduktion selbst nach Sterilisierung der Probe bei 160 Grad Celcius weiter und bis heute wurden laut der ESA bei anderen Experimenten keine weiteren Spuren von organischen Chemikalien gefunden. «Die heute führende Interpretation ist, dass die Ergebnisse auf eine abiotische chemische Reaktion zurückzuführen sind», erklärt Elias Chatzitheodoridis von der Nationalen Technischen Universität Athen. 

Das heisst, die Produktion von Sauerstoff war möglicherweise durch eine «reaktive Sauerstoffspezies» verursacht worden, die mit dem Wasser in der Mikronährstofflösung reagierte. Solche reaktiven Spezies können laut Christos Georgiou von der Universität Patras aus Metallsalzen von Superoxiden, Peroxiden oder Perchloraten stammen. Letztere seien denn auch 2008 von der Nasa-Raumsonde «Phoenix» in der Arktis auf dem Mars entdeckt worden. 

Quelle: National Technical University of Athens / University of Patras

Visualisierung: So stellen sich die Forscher die Anlage für die Gewinnung von Sauerstoff auf dem Mond oder Mars vor.

Die Erfassung solcher hochreaktiven Spezies wird laut Georgiou für die Besiedlung von Mond und Mars wichtig sein. An der Universität Patras wurden deshalb bereits Experimente zur Bildung reaktiver Sauerstoffspezies mit Bodenproben aus den trockenen, marsähnlichen Mojave- und Atacama-Wüsten sowie aus Perchloratsalzen, die Strahlung ausgesetzt waren, durchgeführt. Die reaktiven Sauerstoffspezies werden dabei durch eine intensive ultraviolette Bestrahlung der Oberfläche erzeugt. 

Die Teams der beiden Universitäten haben laut der ESA bei ihren Untersuchungen erkannt, dass das Viking-Experiment ein praktikables Modell für eine Art «Detektor» für diese Sauerstoffspezies sein könnte. Nach Ideen der Forscher sollten die Bodenproben etwa in eine mikrofluidische Vorrichtung gegeben werden, die durch die Benetzung mit Wasser und die Wirkung von Katalysatoren nachweisbaren Sauerstoff erzeugt. Das Team schlug ihr Konzept dann über die Open Space Innovation Platform der ESA vor. 

Die Phoenix-Raumsonde der Nasa entdeckte 2008 Perchlorat-Salze in der Mars-Arktis.

Nun wird das Projekt vom Technology Development Element (TDE) der ESA unterstützt. Im Zuge dessen sollen nun eine grosse Anlage zur periodischen Extraktion von Sauerstoff aus dem Boden sowie ein Detektor-Gerät konstruiert werden. Ziel ist es, dass der Sauerstoff-Vorrat bei Bedarf durch solare UV-Bestrahlung innerhalb von wenigen Stunden wieder aufgefüllt werden kann. Nach Schätzungen der ESA-Ingenieurin Malgorzata Holynska soll eine Fläche von 1,2 Hektar genug Sauerstoff liefern können, um einen einzelnen Astronauten am Leben zu erhalten. 

Für die Austestung der Anlage ist kommerziell erhältliches Mond- und Marsregolith nicht geeignet, da die Proben durch den Kontakt mit der sauerstoffreichen Erdatmosphäre chemisch verändert wurden. Das Projektteam wird gemäss Mitteilung deshalb auf die Herstellung eigener Probematerialien setzen. Zudem sollen Mond- und Marsmeteoriten für Testzwecke verwendet werden. Geplant sei aber auch, bei der Nasa echte Mondproben zu beantragen. 

Der Such-Detektor soll nach Angaben der ESA kleiner als ein Taschenbuch sein. Mit dem Unternehmen 01 Mechatronics ist gemäss Mitteilung auch bereits ein Hersteller für den Bau eines ersten Prototyps gefunden. (mgt/pb)

Zur Mitteilung der ESA:  www.esa.int

Das Solarpanel des Phoenix-Raumsonde und der Roboterarm mit einer Probe in der Schaufel. Das Bild wurde kurz vor der Übergabe der Probe an das Optische Mikroskop aufgenommen.

Dieses Dossier enthält die Artikel aus den letzten Baublatt-Ausgaben sowie Geschichten, die exklusiv auf baublatt.ch erscheinen. Dabei geht es unter anderem um die Baukonjunktur, neue Bauverfahren, Erkenntnisse aus der Forschung, aktuelle Bauprojekte oder um besonders interessante Baustellen.

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